Lieber Bruder, / Liebe Schwester,
Eine Gesellschaft kann jedoch nicht auf Dauer völlig ohne Religion bleiben.
Man könnte sagen, dass das religiöse Gefühl, also die Verehrung eines transzendenten Wesens mit unendlicher Macht über alle Wesen, in der Natur des Menschen liegt. Niemand ist frei von diesem Gefühl. Deshalb suchen diejenigen, die den wahren Gott nicht finden, nach falschen Göttern. Sie beginnen, Sonne, Mond, Sterne, Steine und Bäume anzubeten. Das ist auch eine Art Religion.
Der Vers besagt, dass Götzendiener und andere Anhänger falscher Religionen, wie auch Ungläubige, ihre Begierden und Leidenschaften zu Götzen machen und somit eine Art Religion der Gottlosigkeit besitzen.
Betrachtet man das Leben des Menschen auf Erden seit seinem Bestehen, so zeigt sich, dass er niemals ohne Religion gelebt hat. Sowohl anthropologische als auch psychologische und soziologische Studien belegen diese Tatsache. In der Erforschung der Menschheitsgeschichte wurde noch nie ein absolut religionsloses Volk gefunden; bei der Untersuchung jeglicher menschlicher Rasse und Gesellschaft findet man immer eine Religion, eine Gottesvorstellung, sei sie auch noch so einfach oder abergläubisch.
Der Mensch, der wie Geist und Körper materielle und immaterielle Elemente in sich trägt, bemüht sich einerseits um den Fortbestand seines materiellen Daseins, andererseits sucht er nach Befriedigung seines spirituellen Bedürfnisses nach Glauben und verehrt zuweilen die Sonne, den Mond und die Sterne am Himmel, zuweilen das Feuer, Tiere und andere als heilig angesehene Wesen auf Erden. Diese absolute Glaubenseinheit, die bei Menschen verschiedener Rassen, Epochen und Länder, die einander nicht kennen, zu beobachten ist, beweist die Allgemeingültigkeit des Religionsbegriffs und die angeborene Natur des Gottesglaubens.
Im Heiligen Koran steht:
Der Vers deutet darauf hin, dass Gesellschaften nicht ohne Religion und Propheten leben können. Auch die Koranverse, die die Suche und das Finden des Schöpfers durch Abraham (Friede sei mit ihm) beschreiben, zeigen deutlich das Bedürfnis der Menschen nach Religion und ihre Fähigkeit, Gott durch ihre angeborenen spirituellen Gefühle zu erkennen.
Er muss die Unverzichtbarkeit des religiösen Gefühls erkannt haben, denn der griechische Moralist Plutarch sagt Folgendes:
Demzufolge stellt das Bedürfnis nach Hingabe an einen Kultort und eine Gottheit ein gemeinsames Merkmal dar, das in der Schöpfung der Menschheit angelegt ist.
Mehmet Akif Ersoy lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass Gesellschaften nicht ohne Religion auskommen können, und drückt die soziale Notwendigkeit der Religion in folgenden Zeilen aus:
Wenn der Mensch über seine eigene Natur nachdenkt, wird er erkennen, dass er nicht im Zustand der Ziellosigkeit leben kann. Selbst die gottlosesten Menschen sind gezwungen, Zuflucht im Glauben zu suchen. Denn der Mensch ist schwach und braucht den Schutz einer unbegrenzten Macht, die seinen Bedürfnissen und Feinden gewachsen ist. Außerdem möchte er sein Verlangen nach Ewigkeit befriedigen. Die einzige Macht, die diese Sehnsüchte des Menschen erfüllen kann, ist Gott.
Mit Grüßen und Gebeten…
Islam im Dialog: Fragen und Antworten
