Lieber Bruder, / Liebe Schwester,
Nach der Beisetzung ist es empfehlenswert, das Grab etwa einen halben Meter oder etwas mehr über dem Erdboden zu erheben, damit es erkennbar ist und nicht betreten wird. Im Gegensatz zu den drei anderen Rechtsschulen ist die Mehrheit der Schafiiten der Ansicht, dass es besser ist, das Grab auf dem gleichen Niveau wie den Erdboden zu halten. Der Gesandte Gottes (s.a.w.) hat einen großen Stein auf das Grab von Osman b. Maz’ûn gestellt und gesagt: (1)
Die Mehrheit der Gelehrten hat aufgrund von Hadithen, die das Beschriften von Gräbern verbieten (2), das Beschriften von Gräbern, gleich welcher Art, als verpönt angesehen. Nach Ansicht der Hanafiten und einiger anderer Gelehrter ist es jedoch erlaubt, Gräber zu beschriften, um zu verhindern, dass sie verloren gehen oder respektlos behandelt werden; denn trotz des Verbots im Hadith hat sich die Praxis des Beschriftens von Grabsteinen durchgesetzt. Hakim an-Nisaburi bemerkt, dass die Überlieferungen zu diesem Thema zwar authentisch sind, die Praxis sich aber anders entwickelt hat, dass die Gräber aller muslimischen Führer beschriftet wurden und dies eine Praxis ist, die von den Nachfolgern von den Vorgängern übernommen wurde (3). Ibn Abidin, der nach der Wiedergabe von Hakims Feststellung erklärt, dass diese Angelegenheit durch den Hadith über Osman b. Maz’un noch verstärkt wird, gibt an, dass das Beschriften nur aus den oben genannten Gründen erlaubt ist und das Schreiben von Versen, Gedichten und Lobpreisungen auf Grabsteinen verpönt ist (4).
Bezüglich der äußeren Form der Gräber sagte der Prophet (Friede sei mit ihm) während seiner letzten Krankheit:
Gelehrte, die das erwähnte Hadith (5) und ähnliche Überlieferungen berücksichtigen, haben unterschiedliche Meinungen zum Bau von Kuppeln, Mausoleen und ähnlichen Bauwerken über Gräbern geäußert.
Nach hanafitischer, malikitischer und schafiitischer Lehre ist es verboten, auf Gräbern in Privatgrundstücken Häuser, Kuppeln oder Mausoleen zu errichten, um Prunk und Eitelkeit zu zeigen; ohne diese Absicht ist es verpönt. Auf Gräbern in öffentlichen Friedhöfen oder auf Grundstücken, die von ihren Eigentümern für Friedhöfe gestiftet wurden, ist das Errichten von Gebäuden etc. in beiden Fällen verboten. Die Hanbaliten betrachten dies ohne Unterscheidung als verpönt, fast schon verboten.
Während das Errichten einer Moschee oder das Verrichten des Gebets auf einem Friedhof nach anderen Rechtsschulen verpönt ist, betrachten die Hanbaliten dies als verboten. Der Zweck des Verbots in den Hadithen ist der Schutz des Tauhid-Glaubens und die Verhinderung von Prunk und Verschwendung. Die Errichtung von Gräbern als Moscheen oder deren Umwandlung in Moscheen ist verboten, aus der Befürchtung, dass Menschen mit schwachem religiösem Wissen den Tempel und das Grab verwechseln und an die Übermenschlichkeit des im Grab liegenden Menschen glauben könnten. Auch der aufwendige und prunkvolle Bau von Gräbern aus Marmor, Stein usw. wird nicht als zulässig angesehen.
Einige islamische Gelehrte, Scheichs, Ulema, Herrscher und deren Ehefrauen und Kinder, haben den Bau von Mausoleen für zulässig erklärt. Wenn an den Orten, an denen Mausoleen errichtet wurden, viele ähnliche Gebäude und Kuppeln vorhanden sind und diese nicht dazu dienen, die Namen der Verstorbenen bekannt zu machen oder ihnen Prestige oder ähnliche Ehre und Respekt zu erweisen, dann haben Gelehrte den Bau von Mausoleen und Kuppeln in solchen Fällen für zulässig erklärt (6).
Man war sich einig, dass es notwendig sei, einen steinernen Gedenkstein zu errichten, damit der Name des Verstorbenen und sein Grab bekannt seien, mit Ausnahme der Wahhabiten.
Dass sich die Leichname des Propheten (s.a.w.), Abu Bakrs und Umars (r.a.) in einer Zelle befanden, zeigt, dass die Hadithe, die den Bau von Gebäuden und Kuppeln über Gräbern verbieten, nicht absolut sind. Es gab einige Sahaba, die diese allgemeinen Bestimmungen eingeschränkt und begrenzt verstanden und entsprechend handelten. (7) Hier kann man eher von einer anfänglichen, kompromisslosen Verbotsregelung zum Schutz des Tauhid-Glaubens, ähnlich wie beim anfänglichen Verbot des Grabbesuchs, ausgehen, als von einer Verletzung des im Hadith genannten Verbots. Mit dem Abnehmen der Gefahr von Abweichungen vom Tauhid und dem Übergang zum Schirk wurde dann, entsprechend den gesellschaftlichen Bedürfnissen, eine gewisse Lockerung vorgenommen. Tatsächlich ist bekannt, dass einige Sahaba, Tabi’in und Taba’ut-Tabi’in Mausoleen über Gräbern errichteten. So ließ z.B. Umar über dem Grab von Zaynab bint Cahş, Abdurrahman, dem Bruder von Aischa, Muhammad ibn Hanefiyya ibn Abbas, und Fatima, der Tochter Husseins, über dem Grab ihres Onkels Hasan, dem Sohn Hasans (r.a.), Mausoleen errichten. Später wird berichtet, dass Abdullah ibn Umar das Bauwerk über dem Grab Abdurrahmas abreißen ließ. (8)
Ali el-Kârî bemerkt, dass die Errichtung von Kuppeln und Mausoleen über den Gräbern berühmter Scheichs und Gelehrter zum Zwecke des Besuchs und der Ruhe durch die Gelehrten der Salaf als zulässig angesehen wurde.(9) Auch Ibn al-Humam, ein hanafitischer Rechtsgelehrter, sagte, dass nach der bevorzugten Meinung die Errichtung eines solchen Ortes zum Sitzen und Koranlesen neben dem Grab nicht verboten, sondern erlaubt sei.(10)(11)
Mit Grüßen und Gebeten…
Islam im Dialog: Fragen und Antworten